Welche Rolle hat eigentlich die Führungsmannschaft in Zeiten wilder Veränderungen?
Aus der Reihe: Führung und Transformation.
Ich erlebe oft im Gespräch mit Mitarbeitern, dass die Führungsebenen oft als Lähm-Schicht (oder Lehmschicht) bezeichnet werden. Die Mannschaft ist im Aufbruch, die Führung bremst?
Ist da etwas Wahres dran? Kann sein. Das ist in jeder Firma anders. Ich habe lange Zeit in einer großen Firma gearbeitet. Ich hatte als Führungskraft viel zu tun mit Informations- und Entscheidungsprozessen. Mit viel Abstimmung zwischen Bereichen. Ich saß oft den ganzen Tag in Terminen. Führungsalltag.
Und ja, manchmal war es zäh. Dauerte lange, brauchte viele Anläufe bis ein Budget genehmigt oder eine Vereinbarung für ein gemeinsames Vorgehen getroffen wurde. Nicht immer wurde sie eingehalten. Und es begann auf eine neues das Ringen um Ressorcen etc.. Klar, dass die Mitarbeiter da ungeduldig werden.
In diesem Beitrag erfahren Sie:
- Welche Rolle die Führungsmannschaft bei Veränderungen hat.
- Was das für Sie als Führungskraft selbst bedeutet.
Nun kann es zwei Handlungs-Szenarien geben.
Szenario 1: Mitarbeitergesteuerte Veränderung.
Die Mannschaft fängt an sich selbst zu organisieren. Bei vielen Firmen werden die Hierarchien geöffnet. Der Mitarbeiter wird motiviert direkt in Kontakt zu gehen mit höheren Führungsebenen. Beide Seiten finden das gut. Oder es entstehen virtuelle Organisationsformen über alle Bereichsgrenzen hinweg. Der Programmierer arbeitet ohne große „Ebenen-Turnerei“ direkt mit seinem Kunden zusammen. Es reichen lokale Entscheidungsprozesse. Und was heißt das für Sie als Führungskraft in den Mittel-Ebenen? Es wird die Frage laut, ob es die noch braucht.
Szenario 2: Die Führungskraft als Initiator oder Motor der Veränderung.
Die Führungskräfte nehmen die Veränderung selber in die Hand. Sie hinterfragen Vorgehensweisen. Gehen neue Wege. Finden Lösungen gemeinsam mit ihren Teams und Mitarbeitern. Überzeugen Kollegen und ihre Chefs. Definieren selbst im Gespräch ihre neue Führungsrolle.
Führungskultur von Innen ändern.
Die Führungskultur ist das innere Regelwerk für Führung im Unternehmen.
Als Führungskraft ist man nicht allein auf der Welt. Sie sind Teil einer Führungsmannschaft.
Diese Mannschaft arbeitet nach gewissen Regeln und Ritualen. Diese Erfahrung hat Sie über den Zeitverlauf geprägt. Das nennt man die Führungskultur. Es gibt eine gewisse Art wie Sie z. B. mit den Chefs kommunizieren, wie man „führt“, wie Entscheidungen getroffen werden oder wie die Zusammenarbeit zwischen Bereichen funktioniert.
Die einzelne Führungskraft ist Teil dieses Systems.Trotzdem hat sie immer Freiräume. Jeder Änderung, die die einzelne Führungskraft initiiert und die erfolgreich ist, verändert die Führungskultur. Besser noch wenn sich Menschen zusammentun.
Eine als lähmend oder bremsend wahrgenommen Führungskultur muss aktiv hinterfragt werden und möglicherweise schrittweise verändert werden. Dabei auf ein Programm von oben zu warten funktioniert meistens nicht. Selbst ein neuer GF tut sich damit schwer.
Es ist die Initiative Einzelner, die die Veränderungen entstehen lässt. Fangen Sie doch einfach mal mit Ihrem Team gemeinsam an. Suchen Sie sich Partner. Ja, es kann sein, dass sich Schwierigkeiten ergeben und es nicht auf einmal klappt. Die „alte Kultur“ leistet Widerstand. Aber der Weg lohnt sich.
Die kleinen, stetigen Schritte machen den Unterschied.
Werden Sie zum Überzeugungstäter. Wenn sich grundlegend etwas in der Zusammenarbeit ändern soll, muss sich vielleicht die bestehende Art des Führens und des Miteinanders ändern. Selbststeuerung heißt nicht, es braucht keine Führung mehr. Sie wird nur anders funktionieren.
Vorsicht: D. h. jetzt nicht, dass Sie reflexartig ein großes neues Führungskräfte-Entwicklungsprogramm brauchen oder ein Kulturentwicklungsprogramm oder neue Leitlinien.
Starten Sie mit den Veränderung direkt im Arbeitskontext. Direkt mit Ihren Teams. Oder arbeiten Sie mit motivierten Pilotgruppen. Fangen Sie meinetwegen an einer Ecke an. Gutes setzt sich durch.
Denken Sie dabei ganzheitlich. Schauen Sie nach rechts und links. Wenn Sie neue agile Arbeitsweisen einführen, vergessen sie nicht über die neue Rolle der Führung zu reden. Oder die optimale Zusammenarbeit mit Ihren Nachbar- oder Kundenbereichen. Vergessen Sie nie Ihre Ziele.
Deshalb arbeite ich gern mit flexiblen Veränderungszellen. Direkt vor Ort können direkt am Thema die Auswirkungen auf Zusammenarbeit und Führung besprochen und neue Lösungen gefunden werden. Daraus entwickelt sich ganz organisch eine neue Führungskultur. Dazu braucht es kein fein ausgearbeitetes, neues Rollenkonzept. Das ist oft viel zu pauschal an der Lebenswirksamkeit vorbei.
Was heißt das denn für Sie als Führungskraft selbst?
Das ist eine gute Frage. Was können Sie selbst tun, wenn Sie in Ihrem Bereich mit neuen Arbeitsformen experimentieren wollen und der Rest so bleiben will, wie sie sind?
Im Prinzip gilt das gleiche. Sie müssen sich mit den Auswirkungen oder Abhängigkeiten zu Ihrem Umfeld auseinandersetzen. Was brauchen Sie, was behindert Sie? Sie brauchen Freiraum für sich und Ihr Team. Sie brauchen evtl. neue Vereinbarungen mit Ihrem Chef, andere Absprachen mit Ihren Kollegen. Ich würde es aber mit den Studien nicht übertreiben. Manchmal hilft ein einfaches machen und ein später darüber zu reden.
Ein Schlüssel ist das gemeinsame Vorgehen mit Ihrem Team und darüber hinaus mit den direkten Kollegen rechts und links.
Achten Sie dabei auf Ihre eigenen Gedanken und Handlungsmuster gegenüber Ihrem Team und natürlich auch gegenüber Chefs oder anderen Führungskollegen. Es schleichen sich gern immer wieder alte Muster ein. Viel Reflektion ist Trumpf. Das Neue muss erst wieder gelernt und neu verankert werden. Schaffen Sie sich selbst eine neue eigene Führungskultur in Ihrem Bereich.
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(Überarbeitet am 20.10.2020)
Ein Coach oder Berater kann helfen
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In diesem Beitrag erfahren Sie:
- Welche Rolle die Führungsmannschaft bei Veränderungen hat.
- Was das für Sie als Führungskraft selbst bedeutet.
Aus der Praxis
Ich habe meine ersten Berührungspunkte mit einer gelebten Führungskultur in einem damals traditionellen Unternehmen gemacht. Dort war die Struktur sehr hierarchisch und funktional gegliedert. Ich war verantwortlich für einen abgegrenzten Verantwortungsbereich. Hatte einen Chef und führte meinerseits wieder Führungskräfte.
Um in diese Führungsmannschaft aufgenommen zu werden, musste man sich anstrengen und gut vernetzt sein. Über die Zeit hat man sich, den Gepflogenheiten angepasst.
Ich weiß noch mein Erstaunen, als ich als frischer Bereichsleiter es wagte, die Vorgehensweise meines Nachbarkollegens zu hinterfragen. Ich fühlte mich irgendwie auch für das Gesamtwohl zumindest des Vorstandsbereichs verantwortlich.
Das war meine erste Lektion. Man pinkelt nicht in Nachbars-Garten. Weitere Regeln waren „My-Home-is-my-Castle“ oder „Mein-Meins-Meins*“. Willkommen in der Welt der Kultur. Welche Regeln kennen Sie?
(*Bekannt aus dem Fim „Nemo“. Wo die Möwen sich um die Beute streiten und am Ende alle leer ausgehen.)
Lesen Sie meinen Beitrag:
Von einem Extrem…
Es ist für viele Mitarbeiter nicht verständlich, warum sich die da oben beharken und sich nicht einigen können.
Auf der Arbeitsebene finden sich manchmal leichter Lösungen. Man ist sowieso täglich miteinander unterwegs.
Da kommt der agile Ansatz ganz gelegen. Man arbeitet agil direkt mit dem Kollegen zusammen, steuert sich selbst und kann so die oberen Ebenen weitgehend ignorieren. Bei Anfragen der Führungskraft weist man einfach auf den agilen Ansatz hin.
Wozu braucht man dann eigentlich noch die Führungskraft, wenn’s mit dem Nachbarn klappt. Das hat so etwas von einer charmanten Anarchie.
Beides hat seine Gültigkeit: Mitarbeiter und Teams arbeiten in Zukunft selbstverantwortlicher und eigenständiger. Trotzdem bedarf es einer übergreifenden Steuerung im Sinne des Gesamtunternehmens.
Das Thema Mut
Es ist gar nicht so einfach aus dem informellen Regelwerk der Kultur auszubrechen.
Dazu braucht es Mut und auch viel Kraft gegen Widerstände.
Die Kultur bestimmt, wer dazu gehört und wer nicht. Es kann gut sein, dass man als Querkopf belächelt oder sogar ausgegrenzt wird.
Doch die Zeiten ändern sich und damit auch die Führungskultur und dazu es braucht die First-Mover. Also zurück-lächeln. Andere werden folgen.